Deutschland wird kinderfreundlicher
Zukunftserwartungen - Ausg. 06
28. Mai 2021
Deutschland wird kinderfreundlicher
Kosten Hauptargument gegen eigenen Nachwuchs
Beim Thema Kinderfreundlichkeit ist Deutschland gespalten. Fast jeder zweite Bundesbürger (47%) hält unser Land derzeit für kinderfreundlich – eine knappe Mehrheit sieht dieses (noch) nicht so. Im Vergleich zu 2011 hat sich der Wert jedoch mehr als verdoppelt, was sich u.a. auch in der Anzahl von Geburten widerspiegelt. So wurden 2020 insgesamt 773.200 Kinder in Deutschland geboren, zehn Jahre zuvor waren es noch fast 100.000 weniger (677.947).
Innerhalb der Bevölkerung sind die Unterschiede relativ gering. So registrieren Männer mehr Kinderfreundlichkeit als Frauen, und auch die Bewohner von Großstädten und Besserverdienende bewerten die Situation überdurchschnittlich positiver, wohingegen Landbewohner und Geringverdiener sich am kritischsten äußern.
Kinder kosten Geld
Die Gründe gegen eigenen Nachwuchs bleiben zahlreich, verschieben sich jedoch. Führten vor zehn Jahren noch 61 Prozent die Sorge, die eigene Freiheit aufgeben zu müssen, als Hauptargument gegen Kinder an, sind es aktuell „nur“ noch 45 Prozent.
Der am häufigsten genannte Grund gegen eigene Kinder ist aktuell mit 52 Prozent das Geld: Kinder verursachen Kosten, die sich nicht jeder leisten kann oder will.
Positiv fällt auf, dass sämtliche Argumente im 10-Jahres-Vergleich abgenommen haben und die Bundesbürger insgesamt weniger Gründe gegen Kinder anführen.
Frauen vermissen den richtigen Partner
Groß bleiben die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So sind für Männer die eigene Freiheit und die berufliche Karriere weiterhin signifikant wichtiger als für Frauen. Auch ist Nachwuchs für sie seltener ein erfüllender Lebensinhalt.
Frauen dagegen vermissen den richtigen Partner und staatliche Voraussetzungen für das Kinderkriegen und sorgen sich deutlich häufiger um die Zukunft des Nachwuchses.
Ausblick: Angst bleibt groß, wird aber insgesamt kleiner
Angst bleibt der Hauptgrund gegen Kinder: Angst, nicht genügend Geld zu haben; Angst, die eigene Karriere zu vernachlässigen; Angst, sich einschränken zu müssen; Angst, Familie und Arbeit nicht ausbalancieren zu können; Angst, den falschen Zeitpunkt oder Partner zu erwischen, und Angst, nicht genügend Unterstützung zu bekommen oder Angst vor Scheidung.
Die oft zitierte German Angst bleibt demnach entsprechend groß. Gleichzeitig verringert sie sich jedoch in allen Teilbereichen und dieses zu Recht. So bieten immer mehr Unternehmen Kinderbetreuungsangebote, flexible Arbeitszeitmodelle oder Führung in Teilzeit an.
Der Staat unterstützt Familien mit zahlreichen Förder- und Unterstützungsmaßnahmen. Dank mehr Akzeptanz und Möglichkeiten der Kinderbetreuung muss sich seltener zwischen Kind und Karriere bzw. persönlicher Freiheit und ständiger Elternpflicht entschieden werden.
Auch vereinfachen digitale Partnerbörsen es, den richtigen Partner zu finden, und die Sorge vor dem falschen Zeitpunkt verringert sich durch bessere Möglichkeiten, später schwanger werden zu können (pro Jahrzehnt steigt das Alter der Frau beim ersten Kind um ca. 1 Jahr).
Und selbst die Angst vor Scheidung nimmt parallel zur sinkenden Anzahl von Scheidung kontinuierlich ab (2010: 187.640; 2020: 149.010), während die Anzahl von Eheschließungen zunimmt (2010: 187.027; 2020: 373.300). Die Wahrscheinlichkeit sich scheiden zu lassen, sank demnach von 50 Prozent auf 36 Prozent.
Alles in allem spricht daher zunehmend mehr für eigenen Nachwuchs und es zeichnet sich eine Renaissance der Familie ab. So überrascht es auch nicht, dass für 84 Prozent der Bundesbürger Kinder und Familie ein besonders wichtiger Bestandteil für die eigene Lebensqualität sind.